PHENIPS-TDEF – Der Einfluss von Trockenperioden auf das Befallsrisiko durch Buchdrucker
Aufbauend auf den Ergebnissen des Rosalia Roof Projekts (Netherer et al., 2015) wurde ein duales Simulations-Tool entwickelt, das einerseits eine hydrologische Charakterisierung von Standorten, andererseits eine dynamische Beurteilung der Gefährdungssituation im Saisonverlauf erlauben soll. Ziel der Freilandstudie war, Ursachen von I. typographus Befall, insbesondere Auswirkungen von Trockenstress von Fichte auf ihre Abwehrbereitschaft zu untersuchen und neue Erkenntnisse für eine verbesserte Risikoabschätzung zu nutzen (Abb. 1). Die Kombination des Borkenkäfer-Phänologiemodells PHENIPS und des Wasserbilanzmodells TDEF, eröffnet die Möglichkeit, abzuschätzen, wie prädisponiert (in Bezug auf Trockenstress) Fichtenbestände für den Befall durch aktuell schwärmende Borkenkäfer sind.
Ergebnisse der Fallstudie in der Rosalia
Saisonale Unterschiede im Stress-Status von Fichten können den Einbohrerfolg von Buchdrucker beeinflussen (Netherer et al., 2015). Ansatzversuche unter kontrollierten Bedingungen zeigten, dass die Abwehrkapazität der Bäume mit zunehmend negativen Zweigwasserpotentialen und geringeren Harzflussraten zurückging. Diese Beobachtungen standen im engen Zusammenhang mit der eingeschränkten Wasserversorgung und potentiellen Transpiration von Fichten auf überdachten Versuchsflächen. Für die Einschätzung von Transpirationsdefiziten der Versuchsbäume wurden Saftflussmessungen ausgewertet und ein simples Wasserbilanzmodell entwickelt, welches anhand hydrologischer und meteorologischer Daten am Standort kalibriert wurde.
Akute und chronische Transpirations-Defizite, die am Standort Rosalia in den Jahren 2012 und 2013 beobachtet wurden lassen sich mit den Einbohrerfolgen von Buchdrucker in Verbindung bringen. Versuchsbäume der überdachten Standorte akkumulierten von Mai bis September 2012 und Mai bis Juli 2013 deutliche Transpirationsdefizite und konnten im Frühjahr 2013 nur <10% aller Einbohrversuche von Borkenkäfern mit Hilfe von Harzfluss abwehren. Kontrollbäume waren dagegen im selben Zeitraum in der Lage, ca. 70% aller Einbohrversuche von Käfern abzuwehren. Interessanterweise konnte dieser signifikante Unterschied im weiteren Verlauf des Sommers 2013 nicht mehr beobachtet werden. Von Mitte Juli bis Ende September 2013 führte eine Trockenperiode bei Bäumen beider Varianten zu Stress, trotzdem lag der Einbohrerfolg angesetzer Buchdrucker generell unter 50%. Dass sich die untersuchten Baumkollektive im vergleichbaren Ausmaß gegen Befall wehren konnten lag wohl einerseits am akuten Trockenstress und damit verringerter Abwehrbereitschaft der Kontrollbäume, andererseits an den hohen Sommertemperaturen, die zu einem verstärkten Harzfluss auch bei den abgedeckten Fichten führten (Matthews et al., under review).
Das Wasserbilanz-Modul TDEF
Grundsätzlich setzt sich die Wasserversorgung eines Bestands aus 2 Pools zusammen: das Reservoir in der Krone, welches vom leaf area index (LAI) und der potentiellen Interzeption pro Einheit LAI bestimmt wird und das Boden-Reservoir, in Abhängigkeit von der Durchwurzelungstiefe und dem Bodenwassergehalt bei Feldkapazität (Abb. 2). Je nach gemessener Niederschlagsmenge und simulierter Evaporation und Transpiration (Kronendach und Boden, beschrieben durch die Gleichungen von Penman-Monteith), verändern sich die Wasserbilanzen der beiden Reservoirs. Übersteigt die simulierte, aktuelle Transpiration (limitiert vom Bodenwasserpotential) die potentielle Transpiration (abhängig von Globalstrahlung und Dampfdruck-Defizit) kommt es zu einem Transpirations-Defizit des Bestandes. Diese Bilanz wird täglich neu berechnet (mm d-1).
Fazit: Das Transpirations-Defizit wird als geeigneter Kennwert für eine erhöhte Befallsgefährdung von Beständen für I. typographus angesehen. Grundlage dieser Annahme sind Ergebnisse des Rosalia Roof Experiments (Netherer et al., 2015; Matthews et al., under review) und Erkenntnisse aus früheren Studien (z.B. Marini et al., 2013; Temperli et al., 2013). Die Kombination des hydrologischen Tools TDEF mit dem Phänologiemodell PHENIPS ermöglicht eine zeitnahe Einschätzung der Befallsgefährdung von Beständen in Bezug auf Trockenstress und Schwärmperioden des Buchdruckers (Abb. 3).
Wichtige weitere Schritte sind die Anpassung von PHENIPS-TDEF an unterschiedliche Standorte, insbesondere Bodeneigenschaften und die Validierung der kombinierten Modelle anhand unabhängiger Datensätze. Die Auswirkung von Trockenstress auf die Befallsanfälligkeit von Fichten in Abhängigkeit vom zeitlichen Auftreten und der Intensität der Trockenperioden kann durch den retrospektiven Vergleich von Bestandeswasserdefiziten und Schadholz-Anfall untersucht werden. Bei genauer Kenntnis dieser Zusammenhänge kann sich PHENIPS-TDEF als effektives Werkzeug für eine Früherkennung gefährdeter Bestandesteile bzw. befallener Bäume erweisen.
Literatur
Baier P., Pennerstorfer J. and Schopf A., 2007. PHENIPS—A comprehensive phenology model of Ips typographus (L.) (Col., Scolytinae) as a tool for hazard rating of bark beetle infestation. Forest Ecology and Management, 249(3): 171-186.
Marini L., Lindelöw Å., Jönsson AM., Wulff S., Schroeder LM., 2013. Population dynamics of the spruce bark beetle: a long-term study. Oikos 122: 1768-1776.
Matthews B., Netherer S., Katzensteiner K., Pennerstorfer J., Blackwell E., Henschke P., Hietz P., Rosner S., Jansson P.E., Schume H., Schopf A. (under review). Agricultural and Forest Meteorology.
Netherer S., Henschke P., Matthews B., Schopf A., 2013. Modelling Dynamic Predisposition to Attacks by the Eurasian Spruce Bark Beetle Ips typographus. A Drought Stress - Experiment: ROSALIA ROOF PROJECT, Mitt. Dtsch. Ges. allg. angew. Ent. 19: 93-96.
Netherer S., Matthews B., Katzensteiner K., Blackwell E., Henscke P., Hietz P., Pennerstorfer J., Rosner S., Kikuta S., Schume H., Schopf A., 2015. Do water-limiting conditions predispose Norway spruce to bark beetle attack? New Phytologist 205: 1128-1141.
Temperli C., Bugmann H. and Elkin C., 2013. Cross-scale interactions among bark beetles, climate change, and wind disturbances: a landscape modeling approach. Ecological Monographs, 83(3): 383-402.